Für Ford war dieser Wechsel hin zur Moderne – wie schon beim 1982 präsentierten Sierra – eine zukunftsweisende, gut fundierte Entscheidung. Das außergewöhnliche Erscheinungsbild demonstrierte Innovationskraft und erschloss neue Kundengruppen. Zudem besaß die Karosserieform des Scorpio unbestreitbare praktische Vorteile. Das „Aero-Heck“ mit der großen Heckklappe vereinte alltagstaugliche Funktionalität, ein modernes Auftreten und ausgezeichnete Aerodynamik. Sowohl der cw-Wert als auch die Stirnfläche des Newcomers fielen deutlich geringer als beim Granada, insgesamt sank der Luftwiderstand um 30 Prozent. Entsprechend positiv waren die Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch, der bei konstant Tempo 120 um etwa zwei Liter niedriger lag als beim Granada. Zu den weiteren Vorzügen der Karosserie gehörte außerdem die großzügige Rundumverglasung mit fast drei Quadratmetern Glas.
Legenden-Designer Uwe Bahnsen schuf die Scorpio-Karosserie
Formgeber des Scorpio war Uwe Bahnsen, seinerzeit Kopf der Design-Abteilung von Ford und bereits bei anderen wegweisenden Modellen federführend: dem berühmten Taunus 17M P3 „Badewanne“ von 1960, der zweiten Capri-Generation oder auch der Mittelklasse-Baureihe Sierra. Sie alle zeichnen sich dadurch aus, dass vorbildliche Klarheit und Funktionalität mit attraktiven Linien einhergehen.
Überlegenes Raumangebot schon in der ersten Aero-Heck-Modellversion
Noch höhere Priorität bei der Entwicklung genoss freilich das Raumangebot in dem Fahrzeug, mit dem Ford nochmals höher zielte als mit dem unverwüstlichen Granada. Besonders beachtlich war dabei, dass weder die aerodynamikbedingte Verkleinerung der Stirnfläche noch das Fließheck die Platzverhältnisse im Innenraum beschnitten. Im Gegenteil: Obwohl der Scorpio in etwa die gleichen Außenabmessungen aufwies wie sein Vorgänger, bot er wesentlich mehr Platz. Das wurde durch die großzügige Schwenkfreiheit der vier Türen ebenso deutlich wie bei den üppigen Innenmaßen. Die Distanz vom Gaspedal bis zum Sitzpunkt der Rückbank beispielsweise übertraf die des Granada um 50 Millimeter. In den GL- und Ghia-Versionen war zudem ein höhenverstellbarer Fahrersitz an Bord, der Scorpio bot sogar eine elektrisch in der Neigung verstellbare Rücksitzlehne auf.
Die großzügig verglaste Heckklappe hob sich dank zweier Gasdruckfedern ohne große Anstrengung nach oben und gab ein ebenes Gepäckabteil von mindestens 440 Litern Volumen frei. Bei vorgeklappter Rückbank und Beladung bis unters Dach bot die Fließheck-Limousine ein Volumen von 1.350 Litern – ein Maß, das jedem Kombi zur Ehre gereichen würde.
Der Raum im Ford Scorpio war nicht nur groß, sondern auch harmonisch und funktional gestaltet. Die analogen Instrumente wurden ablesefreundlich von hinten beleuchtet, ab der GL-Ausstattung informierten zusätzlich Warnsymbole unter anderem über niedrige Außentemperaturen, nicht korrekt geschlossene Türen, defekte Glühbirnen und verschlissene Bremsbeläge.
Zum Debüt gleich der erste Erfolg: Der Scorpio ist „Auto des Jahres“ 1986
Das erste Echo gab den Entwicklern in Köln Recht: 5.000 verbindliche Kundenbestellungen gingen schon vor dem Marktstart bei Ford ein, die Händler orderten weitere 10.000 Fahrzeuge – neue Startrekorde für die Marke.
Genauso überzeugt reagierte die Fachpresse auf die neue Größe bei Ford: Eine Jury aus internationalen Motorjournalisten wählte den Scorpio zu Europas „Auto des Jahres“ 1986 – damals wie heute die wichtigste Auszeichnung für ein neues Auto. Innerhalb kurzer Zeit folgten weitere 18 wichtige Preise.
Investitionen von rund einer Milliarde Mark ins Scorpio-Werk Köln
Ein neues Level peilt Ford auch mit seinem intensiven Streben nach maximaler Qualität an. So investierte die Marke rund eine Milliarde Mark und machte das Stammwerk Köln-Niehl zu einer der modernsten Produktionsstätten von Ford in Europa. Neu installiert wurden unter anderem eine elektronisch gesteuerte Drei-Achsen-Stufenpresse mit 3.000 Tonnen Druckkraft, 230 Karosserie-Schweißroboter und eine hochmoderne Seitenblech-Schweißstraße mit 34 Mehrfunktions-Robotern.
Außerdem kamen neue Verfahren zum Einsatz. Zum Beispiel mit getrennten Montagelinien für Türen und Türverkleidungen, wobei Tastroboter besonders gleichmäßige Spaltmaße sicherstellten, oder beim Einstellen des Zündzeitpunktes mittels Mikrowelle und mit einer Präzision von nur plus/minus 0,5 Grad. In der Lackiererei gingen eine neue Tauch-Phosphatierungsanlage, eine neue Elektro-Kataphorese sowie Zweifarben-Spritzkabinen in Betrieb.
Modernste Testanlagen am Bandende schließlich stellten sicher, dass kein Fehler unentdeckt blieb. Die Achsvermessung, das Prüfen der Motorleistung, Tests aller elektrischen Funktionen und der ABS-Bremsanlage erfolgten auf elektronischen Prüfständen.
Bereits die „CL“-Basisversion mit ABS-Bremssystem
Apropos ABS: Das Mitte der 1980er Jahre noch keineswegs selbstverständliche Antiblockier-Bremssystem brachte der Ford Scorpio als erstes europäisches Großserienmodell mit in die Serie. Und zwar über alle Varianten hinweg ohne Aufpreis.
Auch die Komfort-Ausstattung erfüllte die Erwartungen, die anspruchsvolle Käufer an einen Repräsentanten der gehobenen Autogesellschaft stellten. Bereits die Basisversion CL verfügte neben ABS-Bremsen über Automatikgurte vorne und hinten, verstellbare Kopfstützen vorne, eine Verbundglas-Frontscheibe und Halogenscheinwerfer, ein zweifach verstellbares Lenkrad und die geteilt umklappbare Rückbank.
Der Scorpio GL hatte darüber hinaus Kopfstützen im Fond, einen Fahrersitz mit Höhenverstellung und Lendenwirbelstütze sowie elektrische Fensterheber vorne, der Ghia weitere damalige Premium-Merkmale wie verstell- und beheizbare Außenspiegel, getönte Scheiben, Zentralverriegelung, Fußraumbeleuchtung und Leselampen vorne wie hinten. Hinzu kam das schon beschrieben spezielle Ghia-Feature: die elektrisch verstellbaren Rücksitzlehnen, in der damaligen Autolandschaft eine echte Seltenheit.
Zusätzlich ließ sich der Scorpio mit attraktiven Optionen aufwerten. Dazu gehörten zum Beispiel eine Klimaanlage, beheizbare Vordersitze, Leichtmetallräder, ein elektrisches Hubdach, ein Visco-Sperrdifferenzial, Bordcomputer oder eine Scheinwerferanlage mit Reinigungsfunktion.
Ein „elektronisches Wunderding“ namens Ford EEC IV
Mit vier Benzinern und einem Diesel-Aggregat hatte der Scorpio auch unter der langen Fronthaube Ansprechendes zu bieten. Dank neu entwickelter Hydraulik-Motorlager wurden Geräusche reduziert und Vibrationen wirksam gedämpft.
Als Basistriebwerk fungierte ein neuer, 90 PS starker 1,8-Liter-OHC-Vierzylinder, der sich mit einer durchschnittlichen Gemisch-Zusammensetzung von 19:1 ganz dem Magergemisch-Sparprinzip verschrieben hatte.
Der nächststärkere, gründlich überarbeitete 2,0-Liter-OHC-Motor lieferte in einer Version mit Weber-Vergaser 105 PS; parallel dazu stand er in einer „eher sportlich ausgerichteten“ Einspritzversion zur Wahl, die 115 PS entwickelte.
Das entscheidende neue Teil dieses modernen Vierzylinders war jedoch sein elektronisches Steuergerät, das von Ford entwickelte EEC IV, einer der leistungsfähigsten Rechner, der damals im Automobilbau zu finden war. „Besitzt etwa die Kapazität von zwei Heimcomputern“ – so ordnete der zeitgenössische Pressetext die Rechenpower ein. Falls doch einmal der unwahrscheinliche Fall einer Störung eintreten sollte, schaltete EEC IV in ein Notprogramm, mit dem er zumindest noch nach Hause oder in die Werkstatt fahren konnte.
Der Zentralrechner arbeitete auch in dem 150 PS starken 2,8-Liter-V6, der umfassend weiterentwickelt worden war. Ein spezifisches Merkmal des Sechszylinders war, dass beide Zylinderbänke eine komplett eigenständige Gemischaufbereitung mit eigener Drosselklappe, eigenem Luftschieber und eigenem Ansaugkrümmer besaßen. Beeindruckend bei diesem Top-Triebwerk der Baureihe war die geschmeidige Laufkultur, vor allem aber das Wachstum des Drehmomenthügels gegenüber der Vorgängerversion auf stolze 219 Nm, die zudem rund 1.000/min früher anlagen als im Granada 2,8i.
Für die vernunftorientierte Diesel-Fraktion bot Ford einen von Peugeot zugelieferten 2,5-Liter-Saugdiesel mit gemütlichen 69 PS als Basis der Scorpio-Leistungshierarchie an.
Fünfgang-Schaltgetriebe, Viergangautomatik mit Overdrive, Allradantrieb
Wie in dieser Klasse üblich, besaß der Scorpio Hinterradantrieb und ein Fünfgang-Schaltgetriebe serienmäßig. Auf Wunsch stand eine neu entwickelte Viergangautomatik mit Wandlerüberbrückung und lang übersetzter Overdrive-Fahrstufe zur Verfügung, deren Verbrauchswerte nahezu auf dem Niveau des Handschalters lagen. Gegen Mehrpreis konnte darüber hinaus ein traktionsförderndes Sperrdifferenzial bestellt werden, dessen Wirkung im Gegensatz zu herkömmlichen Konstruktionen nicht durch allmählich verschleißende Lamellen hergestellt wurde, sondern durch eine verschleißfreie Viscokupplung.
Eine Allrad-Version in Kombination mit der handgeschalteten V6-Top-Motorisierung rundete die standesgemäße Antriebsvielfalt ab. Das anspruchsvolle 4x4-System verteilte die Antriebskraft über viscogesperrte Zentral- und Hinterachsdifferenziale im Verhältnis 34 zu 66 Prozent auf Vorder- und Hinterachse und sorgte auf diese Weise für bestmöglichen Grip auf griffigem, weniger griffigem oder gar rutschigem Untergrund.
Das Fahrwerk bestand aus einer McPherson-Federbein-Vorderachse mit Querstabilisator – aus Gründen optimaler Knautschzonengestaltung hinter der Achsmitte positioniert – und eine Schräglenkerhinterachse in 18-Grad-Pfeilung. Auf Wunsch sorgte eine kompressorbetriebene Niveauregulierung an der Hinterachse dafür, dass Fahrverhalten, Federwege und Bodenfreiheit unabhängig vom Beladungszustand konstant und kalkulierbar blieben.
V6 und Diesel hatten eine Servolenkung ab Werk an Bord, für die anderen Motorisierungen gab es die Lenkhilfe als Option. Aber auch ohne Servo-Unterstützung sorgte eine ausgeklügelte Geometrie dafür, dass die Lenkung für diese Klasse ungewöhnlich schnell und direkt reagierte, ohne dass dies zu unakzeptablen Lenkkräften beim Einparken führte.
Scorpio-Modellpflege: Ab 1990 auch mit Stufenheck
Im Zuge einer Modellpflege wurde der Scorpio 1990 um eine Karosserie-Variante erweitert, die manch konservativ geprägter Autofahrer bislang vermisst hatte: den Scorpio mit klassischem Stufenheck. Ford offerierte diese Version zum gleichen Preis wie die Modellvariante mit dem Aero-Fließheck. Der Neue kombinierte das klassenführende Platzangebot mit noch stattlicheren Laderaumreserven (490 Liter), die sich ebenfalls per geteilt umklappbarer Rücksitzlehne ausbauen ließen.
Optisch hob sich die Rückansicht des Stufenschnitt-Scorpio von der bereits etablierten Karosserie-Variante durch eine schwarze Heckzierblende ab. Im Profil zeigte das Stufenheck eine leicht höhergezogene Heckpartie und im hinteren Radkästenbereich verbreiterte Kotflügel. Trotz der leicht vergrößerten Anströmfläche blieb der cw-Wert dank umfangreicher Tests im Windkanal unverändert günstig.
Auch die Front war im Rahmen der Modellpflege umgestaltet worden – erkennbar am Markenemblem, das von der Motorhaube in den Kühlergrill gewandert war. Understatement blieb weiterhin Trumpf. So war selbst der luxuriöse Ghia nach außen hin nur an dezenten Chrom-Applikationen im Flankenschutz zu erkennen.
Alle Benziner nun mit Kat, zwei neue Getriebevarianten
Weiterentwickelt präsentierte sich auch das Motorenprogramm. Die in Leistung, Wirtschaftlichkeit und Abgasverhalten unterlegenen Vergaser-Versionen wurden eingestellt, alle Benziner besaßen fortan eine Benzineinspritzung und einen geregelten Katalysator.
Der neu konstruierte, im Frühjahr 1989 eingeführte 2,0i hatte nun über zwei obenliegende Nockenwellen, was ihn zum Tragen des bei Technikfreaks angesehenen Kürzels DOHC berechtigte. Weitere Merkmale waren das quadratische Hub-/Bohrungsverhältnis und eine ovale Brennraummulde, in der eine Leitrippe dem Frischgasstrom einen gezielten Verwirbelungskick versetzte. Die Leistung betrug 120 PS.
Der V6 hatte gewissermaßen eine Zellteilung vollzogen und stand nun in zwei Hubraumklassen parat. Bereits die auf 2,4 Liter Hubraum verkleinerte Variante konnte 125 PS und 182 Nm Maximaldrehmoment auftischen; der auf 2,9 Liter angewachsene Große entwickelte 145 PS sowie 233 Nm. Der Diesel schließlich erhielt bei unverändert 2,5 Liter Hubraum einen Powerschub durch einen Garrett T3-Turbolader. Das Resultat: ein 23-PS-Leistungszuwachs auf 92 PS).
Neu im Programm waren außerdem zwei Getriebevarianten: die manuelle Fünfgangbox „MT75“ und die Viergang-Automatik „A4LDE“. Das zusätzliche „E“ in der Typenbezeichnung des Selbstschalters stand für eine teil-elektronische, dem Motormanagement EEC IV unterstellte Regelung, die bei Gangwechseln zwischen dritter und vierter Fahrstufe das Öffnen und Schließen der Wandler-Überbrückungskupplung übernahm.
Dank eines neu abgestimmten Feder-Dämpfer-Systems der Hinterachse und der nun serienmäßigen servounterstützten Zahnstangenlenkung mit variabler Übersetzung legte der große Ford auch in Handling und Fahrstabilität weiter zu.
1992 erscheint die legendäre Kombi-Variante Turnier
Sieben Jahre nach der Premiere des Scorpio standen endlich drei Karosserie-Varianten zur Wahl und damit eine Vielfalt, die in dieser Klasse sonst niemand bot. Das Debüt des Turnier war mit einer weiteren Modellpflege verbunden, die das Flaggschiff der Marke technisch und stilistisch nochmals aufwertete.
Zu den sichtbaren Veränderungen aller Karosserie-Varianten gehörten ein neuer Frontgrill und eine niedrigere Motorhaube, deren weichere Linienführung von formal ebenfalls angepassten Kotflügeln mit weißen Blinkergläsern harmonisch fortgeführt wurde. Die durchgehende schwarze Zierblende zwischen den Rückleuchten, zuvor alleiniges Merkmal der Stufenheck-Version, zierte nun beide Limousinen-Varianten.
Das Ambiente im Innenraum veredelte ein neuer Instrumententräger mit Einlagen im Walnussholz-Optik, der sich schwungvoll über die gesamte Breitseite zog und in die Türgriffe einmündete. Das ergonomisch optimierte Cockpit präsentierte sich mit aktualisierten Instrumenten und einem schicken Vier-Speichen-Lenkrad.
Auffälligstes Design-Merkmal der Turnier-Karosserie war eine luftig wirkende Heckpartie mit „verdeckter“ D-Säule und einer stark gewölbten, seitlich herumgezogenen Heckscheibe, die mit der Seitenverglasung bündig abschloss. Trotz seines offensichtlichen Nutzcharakters machte dies die Silhouette des Scorpio Turnier unverwechselbar und verlieh ihr Eleganz und Leichtigkeit. Um die nötige Überwölbung der Heckscheibe zu erreichen, kam ein hochmodernes Pressverfahren zum Einsatz; ebenso fortschrittlich war die Bearbeitung der Nahtstellen zu den Seitenscheiben, die in einem Arbeitsgang mit der Glasherstellung erfolgte.
Die Entwicklung dieser eigenständigen Karosserie-Variante hatte umfassende Eingriffe im Heckbereich erfordert. C-Säulen, Heckboden, hintere Radkästen und das Dach waren sogar Neukonstruktionen. Die am Frontscheibenrahmen leicht ansteigende Dachpartie erhöhte die ohnehin stattliche Kopffreiheit im Fond um weitere 37 Millimeter. Ein unauffällig integrierter Spoiler verlängerte die Dachkante und bewirkte dadurch einen günstigeren Verlauf der Luftströmung, da bremsende Verwirbelungen hinter dem Fahrzeug vermieden wurden. Auch diese Maßnahme trug dazu bei, dass der Scorpio Turnier trotz des aerodynamisch prinzipiell ungünstigeren Kombi-Hecks mit einem cw-Wert von 0,33 auf dem Niveau der Limousinen lag.
Wie das Stufenheck-Modell war auch der Turnier um 745 Millimeter länger als die Fließheck-Version. Dazu kamen die erhöhte Dachpartie, der praktisch senkrechte Heck-Abschluss und eine neu entwickelte Hinterachse. Deren kompakte Konstruktion mit nach außen geneigten Feder-Dämpfer-Einheiten machte es möglich, die Radkästen deutlich kleiner auszuführen als bei den Limousinen und damit Durchladebreite zu gewinnen.
Was unter dem Strich an Stauraum zusammenkam, konnte sich in der Tat sehen beziehungsweise beladen lassen. Denn schon in normaler Rücksitzposition bot der elegante Frachtmeister 550 Liter Ladevolumen und 805 Millimeter Ladelänge, bei umgelegten Rückenlehnen summierten sich die Maße auf 1.600 Liter respektive 1,99 Meter – seinerzeit Bestwerte in der oberen Mittelklasse. Zwischen 540 und 620 Kilogramm Zuladung ließ sich der Scorpio Turnier aufbürden und, wenn es nötig war, bis zu zwei Tonnen Zuglast an den Haken hängen. Damit Bodenfreiheit und volle Federwege unabhängig vom Beladungszustand gleich blieben, war die automatische Niveauregulierung Bestandteil der Serienausstattung. Damit brachte der Kölner Edel-Kombi nun wirklich alle Voraussetzungen mit, sich zu einem Helden der Arbeit aufzuschwingen – als der er später auch ausgiebig gefeiert wurde.
Der „Cossie“: Eine Vierventil-Version des 2,9-Liter-V6 mit 195 PS
Die Modellpflege 1992 umfasste auch die weitere Verfeinerung des Motorenangebots. Das elektronische EEC-IV-Gehirn der Benziner wurde von 32 auf eine 58-Kilobyte-Hauptprozessor aufgerüstet und mit 18 anstatt 12 Megahertz getaktet. So konnte das System bis zu 60.000 Befehle pro Sekunden verarbeiten und war unter anderem in der Lage, Motorfunktionen und Automatikgetriebe gleichzeitig zu managen.
Die Spitzenleistung des Zweiliter-DOHC-Benziners wurde um fünf PS gekappt, was für den Halter eine günstigere Versicherungseinstufung einbrachte. Die beiden Sechszylinder blieben unverändert im Programm, wobei allerdings nicht mehr der 2,9-Liter-V6 die Pole Position einnahm, sondern sein neuer, vierventiliger Ableger mit dem verheißungsvollen Beinamen 24V Cosworth. Im Unterschied zu den komplett gusseisernen V6-Motoren besaß der „Cossie“ Zylinderköpfe aus Aluminium, Tassenstößel mit hydraulischem Ventilspielausgleich, eine vollelektronische Einspritzanlage, eine „ruhende“ elektronische Zündverteilung, zusätzliche Versteifungen im Zylinderblock, Kolben mit Graphitüberzug sowie separate Kühlsysteme für Getriebe- und Motoröl. Damit realisierte der 24V-Sechszylinder 195 PS, die den Scorpio binnen 8,8 Sekunden auf Tempo 100 km/h beschleunigten und außerdem dafür sorgten, dass sich der große Ford mit bis zu 225 km/h Spitzentempo auch auf der Autobahn standesgemäß präsentierte.
Ergänzte wurden die motorseitigen Maßnahmen von dezentem Fahrwerksfeinschliff. Alle Modellvarianten erhielten nun Chassis-Elemente des „Cossie“, nämlich Gasdruckstoßdämpfer und einen Querstabilisator an der Hinterachse.
Nachhaltiges Denken schon vor 30 Jahren: Ford als Recycling-Pionier
Bei der Entwicklung des Scorpio dachte Ford bereits mehrere Schritte voraus – bis hin zum Recycling von Fahrzeugen am Ende ihres Lebenszyklus. Die Scorpio-Baureihe zeichnete sich durch einen hohen Anteil an wiederverwertbaren Materialien aus, nämlich rund 83 Prozent des Fahrzeuggewichts. 37 seiner Kunststoff-Komponenten, die Seitenfenster und Betriebsflüssigkeiten wie Öle, Kühlmittel und Bremsfluid, waren vollständig recycelbar.
Ein Scorpio des Jahrgangs 1992 bestand zu 64 Prozent aus Stahl und Eisen, zu je vier Prozent aus Aluminium, Elektromotoren und Kabelmaterial und zu sechs Prozent aus Flüssigkeiten – Komponenten und Stoffe, die schon damals dem Materialkreislauf wieder zugeführt wurden. Die restlichen 22 Prozent entfielen auf Kunststoffe, Gummi und Glas, die sogenannte „Leichtfraktion“. Also Materialien, die zuvor auf der Deponie landeten. Nun jedoch war ein wesentlicher Teil der Kunststoffe, die Thermoplaste, recyclingfähig.
Als einer der ersten Automobilhersteller hatte Ford zudem im Werk Köln eine Demontage-Anlage für Altfahrzeuge installiert, um effiziente Techniken zum Ausbau wiederverwertbarer Teile und zur Entnahme von Flüssigkeiten zu entwickeln. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden in einem Handbuch zusammengefasst und lizenzierten Unternehmen der Autoverwertungsbranche zur Verfügung gestellt.